Viele von uns sind selbst mit Belohnung und Lob aufgewachsen und einige von uns geben dies an ihre eigenen Kinder weiter. Warum wir da genauer hinschauen dürfen und was das mit unserer Beziehung zu unseren Kindern machen kann verrate ich dir hier im Beitrag.
Belohnungen
Mathilda will ihr Zimmer nicht aufräumen, Otto möchte nicht aufs Töpfchen gehen und Anton schafft es einfach nicht den Tisch zu decken. ⠀
⠀
In solchen Situationen greifen manche Eltern zu Belohnungen, um ein gewünschtes Verhalten beim Kind zu erzielen und sagen dann folgende Sätze:
- "Wenn du jetzt ins Töpfchen machst, bekommst du einen Bonbon!" ⠀
- "Erst wenn du dein Zimmer aufgeräumt hast, spiele ich mit dir!". ⠀
- "Du bekommst nur einen Nachtisch, wenn Du den Tisch gedeckt hast!". ⠀
Warum diese Art der Bestechung nicht effektiv ist, verrate ich dir nun. ⠀
⠀
Belohnungen:⠀
- manipulieren unsere Kinder zum gewünschten Verhalten; irgendwann durchschauen uns unsere Kinder
- unterdrücken die intrinsische Motivation des Kindes, Dinge von alleine anzugehen,
- teilen dem Kind mit, dass wir ihm nicht zutrauen (vertrauen), dass es Dinge von sich aus tut oder sich unseren Wünschen entsprechend benimmt,⠀
- wirken wie eine Strafe, sobald sie wegfallen,
- das erwünschte "positive" Verhalten hört auf, sobald die Belohnung wegfällt,⠀
- sind verhaltensorientiert und auf ein bestimmtes Ergebnis aus, ⠀
- beachten nicht die Beweggründe und Bedürfnisse des Kindes, wir erfahren nicht, warum das Kind dieses oder jenes nicht machen will oder nicht kooperiert,
- beachten nicht, ob unser Kind entwicklungsbedingt überhaupt dazu in der Lage ist,⠀
- führen dazu, dass Kinder diese Strategie auch bei anderen Menschen versuchen werden - wir haben die Vorbildfunktion! ⠀
- lassen die Nähe und Verbundenheit, die eigentlich in der Eltern-Kind-Beziehung herrschen sollte, zum Tauschgeschäft werden⠀
⠀
Und auch, wenn es jetzt noch klappen mag, wird die Zeit kommen, in der Kinder unser Verhalten hinterfragen und sich nicht mehr manipulieren lassen. ⠀
⠀
Wollen wir in echter Beziehung mit unseren Kindern sein, dann bringt uns bestechen nicht weiter. Wir dürfen unseren Kinder vertrauen. Wir dürfen authentisch vermitteln, was wir uns von ihnen wünschen. ⠀
⠀
Denn Eines ist klar, sie möchten uns gefallen, mit uns zusammenwirken und ein Teil der Gemeinschaft sein. ⠀
⠀
Wenn Kinder von sich aus nicht kooperieren kann das mehrere Gründe haben. Darüber habe ich im Blogbeitrag https://www.milchtropfen.de/kinder-5-tipps-fuer-eine-besse…/ bereits geschrieben.
Lob (ist eine mündliche Belohnung)
Der kleine Teo klettert den Baum hinauf und springt quietschvergnügt wieder herunter. Aus der Ferne schallt es "Super, das hast du aber toll gemacht".
Auch wenn wir diese Worte nur gut meinen, bringt Lob so einige Nachteile mit sich, die ich hier für euch auflisten möchte.
Lob:
- macht abhängig von der Rückmeldung vom Außen
- macht das Kind zu einem Objekt
- ist verhaltens-, leistungs- und ergebnisorientiert
- ignoriert innere Beweggründe, warum das Kind es anders/nicht machen möchte
- vermittelt dem Kind: "Nur wenn ich es so mache, dass meine Eltern/Erzieher/Lehrer es gut finden, bin ich gut genug." ⇒ Das Kind zieht aus dem Lob schnell den Schluss, dass es nur dann wertvoll ist und gewertschätzt wird, wenn es den Ansprüchen der anderen genügt,
- vermittelt dem Kind, dass wir ihm gewisse Dinge nicht zugetraut hätten und, dass uns seine Leistung/sein Verhalten wichtiger sind, als es selbst
- wirkt, wenn es nicht mehr ausgesprochen wird, wie eine Strafe
- übt Kontrolle über das Kind aus ⇒ wir haben die Macht durch Belohnung und Bestrafung Kontrolle über das Kind auszuüben
- bewirkt, dass Kinder dann Dinge (das Verhalten) immer wieder tun, auch, weil sie uns gefallen möchten, aber nicht aus ihrem Inneren heraus. ⇒ Dadurch wird die intrinsische Motivation des Kindes beeinträchtigt und mitunter auch seine Arbeits- und Lernqualität
"… Lob ist eine mündliche Belohnung, die häufig zu dem Zweck eingesetzt wird, das Verhalten eines Menschen zu verändern, der weniger Macht hat"
Zitat von Alfie Kohn
Der Unterschied zwischen Loben und Anerkennung/Bestärkung
Kinder möchten kein Lob von uns, wenn sie alleine die Rutsche bestiegen haben. Selbst wenn sie nach uns rufen, heißt das nicht, dass sie für ihre Taten gelobt werden wollen. Was Kinder brauchen ist, dass sie wahrhaftig gesehen, bestärkt und anerkannt werden. So ein "Super" oder "Toll" ist schnell ausgesprochen, das machen wir vielleicht auch noch so nebenbei, obwohl wir nur mit einem halben Auge hingeschaut haben.
Hier ein paar Formulierungen, wie du dein Kind bestärken kannst.
Anstatt von "Das hast du aber toll gemacht" oder "Super, toll" eher "Ich habe gesehen, du hast das ganz alleine geschafft?!"
Anstelle von "Das ist aber ein hübsch gemaltes Bild" können wir auch in einen echten Dialog gehen und sagen "An was hast du gedacht, als du das Bild gemalt hast?" oder "Du hast das Bild ja ganz bunt gemalt! Welche ist eigentlich deine Lieblingsfarbe?“.
Daraufhin können wir das Gespräch noch vertiefen und bspw. unsere Lieblingsfarbe erwähnen und so in echten Kontakt kommen, von uns selber erzählen und den Anderen ein Stück weit besser kennen lernen. Dann sind wir offen, interessiert und neugierig, genau wie unsere Kinder es von Natur aus sind.
Probiert es doch gerne aus und lasst mich davon wissen! Oder hinterlasst mir in einem Kommentar eure Gedanken zur Thematik!
Pingback: ✪ Der defizitäre Blick aufs Kind - jedes Kind hat sein individuelles Entwicklungstempo - kleiner Mensch
Pingback: Was hat Erziehung aus uns gemacht? Teil II - kleiner Mensch
Pingback: Unser Weg zur bindungsorientierten Elternschaft - kleiner Mensch