Mitgefühl für andere Eltern

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Bis vor einigen Jahren verurteilte ich andere Eltern auf dem Spielplatz oder der Straße für ihr Verhalten gegenüber ihren Kindern. In meinen Augen verhielten sie sich nicht liebevoll genug. Ich überlegte auch oft, ob ich nicht etwas dazu sagen sollte - tat es aber nicht. Weil, wenn ich etwas dazu gesagt hätte, wäre es nicht empathisch genug gewesen. Ich hätte nur Partei für das Kind übernommen, ohne dabei die (psychische) Verfassung des Elternteils zu berücksichtigen, ohne Mitgefühl für das andere Elternteil.

Wir alle haben mal Phasen, in denen wir zart besaitet sind und nicht mehr allzu viel wegstecken können. Sei es, dass wir gerade Stress auf Arbeit  haben oder weil wir gerade gesundheitlich angeschlagen sind. Genau zu diesen Zeiten fällt es uns besonders schwer wertschätzend, respekt- und liebevoll mit unseren Kindern umzugehen. Sie so anzunehmen, wie sie sind. Wir fangen dann voreilig an zu schimpfen und zu bewerten, wo wir in besseren Zeiten viel lockerer im Umgang wären. 


Lies hierzu meinen Beitrag "3 Alternativen zum Schimpfen, Meckern und Schreien"


 

Das Wissen um die kindliche Entwicklung ist Gold wert

Sie wissen vielleicht nicht, dass ihr 2-Jähriges Kind gerade dabei ist, selbstständig zu werden und es deshalb mehrere Wutanfälle hintereinander bekommt, sich in der Autonomiephase befindet.

Nicht alle Eltern wissen, dass das Kind seine Impulse noch nicht regulieren kann und es dabei liebevolle Hilfe von außen benötigt. Dass es verbal noch nicht dazu in der Lage ist, seine Wünsche und Bedürfnisse auszudrücken. Wenn Kinder sich einmal was in den Kopf gesetzt haben, fällt es ihnen schwer, diesen Plan wieder zu verwerfen - sie sind da noch nicht so flexibel, wie wir Erwachsenen. Manche Eltern greifen dann hart durch und bestrafen das “trotzige” Verhalten mit aller Konsequenz. Ihr Wille geht über den Willen des Kindes, komme was wolle.


Lies mehr im Beitrag "Strafen und ihre Auswirkungen"


Mitgefühl für andere Eltern

Wenn wir nun versuchen einen mitfühlenden Blick auf diese Eltern einzunehmen, könnten wir vielleicht feststellen, dass sie Angst vorm Versagen haben. Angst, dass aus ihren Kindern keine vernünftigen Menschen werden. Der Druck in unserer Gesellschaft ist hoch und im Endeffekt möchten alle Eltern das Beste für ihre Kinder. Nun ist hier die Frage, was wohl das Beste für das Kind ist? Ob wir schon dieses und jenes vom Kind verlangen können oder uns besser mit der Entwicklungspsychologie* des Menschen beschäftigen wollen, bevor wir zu hohe Erwartungen ans Kind stellen.

Viele Eltern haben in ihrer eigenen Kindheit Maßregelungen und körperliche wie auch psychische Strafen erlebt, die sie dann ohne Reflektion automatisch an ihre Kinder weitergeben. Diese kindlichen Erfahrungen aufzulösen bedingt jede Menge Arbeit an sich selbst und vor allem viel Zeit. Das geht nicht von heut auf morgen.

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Aber zurück zum Thema..

Wie schaffen wir es nun empathisch gegenüber Eltern und unseren Mitmenschen zu sein? Schaffen wir es, unsere eigenen Erziehungserfahrungen abzustreifen und einen wohlwollenden Blick auf die Situation zu gewinnen? Können wir unseren eigenen Kindern ein gutes Vorbild sein, indem wir auf andere Menschen liebevoll eingehen, auch wenn diese gerade ihr eigenes Kind maßregeln und ausschimpfen, gar anschreien?

Ja, das können wir

Ich denke - JA! Natürlich ist es auch maßgebend, ob unser Gegenüber unsere Hilfe möchte. Ob er ein freundschaftliches Gespräch von uns annimmt und sich seine Last von der Seele reden möchte. Wir können kurz vorfühlen und ihm oder ihr “die Hand reichen” und gemeinsam auf die Situation schauen. “Ich sehe, du ärgerst dich, kann ich dir irgendwie helfen”, “Was macht dich so wütend/traurig?”. Genau so, wie wir es in der bindungs- und bedürfnisorientierten Erziehung mit unseren Kindern machen. Einfühlen, trösten, nachfragen, Verständnis zeigen und gemeinsam nach Lösungen suchen.

Gemeinsam kann man die Situation vielleicht besser deeskalieren und auch über gewisse alters- und entwicklungsbedingte Eigenheiten des Kindes aufklären. Blogs und Bücher zum Thema empfehlen. Man kann erklären, dass das Kind gerade NICHT seine schimpfende Mutter belächelt, sondern, dass dies ein Beschwichtigungsversuch seinerseits ist. Denn das Kind möchte sich versichern, ob die Verbindung zur Mutter noch da ist.

Wir können dem ungeduldigen Vater erklären, dass sich sein gerade spielender Sohn nicht so einfach von seinem Spiel verabschieden kann, weil Kinder im Hier und Jetzt leben. Es gibt immer Gründe, wenn Kinder nicht kooperieren.


Lies mehr zur Kooperation "Kinder - 5 Tipps für mehr Kooperation"


Wir können der enttäuschten und verärgerten Oma erklären, dass sich das Baby gerade in der Fremdelphase befindet und deshalb auf ihrem Arm weint. Können sie auf eine spätere Zeit vertrösten.

Mitgefühl zeigen - der Ton macht die Musik

Die Frage ist nur, wie wir etwas sagen damit es auch richtig beim Gegenüber ankommt. Oft ist es so, dass es nicht entscheidend ist WAS wir sagen, sondern WIE. Und wir müssen akzeptieren, wenn es Eltern gibt, die nicht so ticken wie wir. Die von ihren Erziehungsmethoden so überzeugt sind, dass sie sich eh nicht lenken lassen - wobei ich körperliche Gewalt da unbedingt ausschließen möchte!

Auch wenn für uns der bedürfnisorientierte Umgang der Richtige ist, können wir nicht alle “retten” bzw. davon überzeugen. Das müssen wir dann leider so hinnehmen, aber ein Versuch ist es allemal Wert - zum Wohle der Kinder.

Wie geht ihr mit solchen Situationen um? Würdet ihr es gut finden, wenn sich euch jemand freundlich nähert, um seine Ohren anzubieten? Würdet ihr euch fremden, sympathischen Menschen anvertrauen? Würdet ihr euch einmischen, wenn es zu Handgreiflichkeiten gegenüber Kindern kommt?

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